Mittwoch, 11. März 2015

Ein neuer Tag...

Heute Morgen komme ich etwa 30 Minuten eher zur Frieda, da die Studierenden, die sich mit mir den Raum teilten, filmische Beiträge zur Eiswelt von Karls Erdbeerhof vorstellen. Insgesamt werden drei Videos vorgestellt, die alle auf demselben Material beruhten. Während sich die ersten beiden Beiträge ähneln, ist der dritte Beitrag anders als seine Vorgänger. Die Aufnahmen waren bearbeitet worden und Fehler von Bild und Ton, die die Qualität negativ beeinflussen wurden behoben. 
Nach dieser kleinen Präsentation gibt es eine Auswertung der jeweiligen Filme, die ich sehr interessant finde, da ich neue Dinge und Begriffe lerne. Leider habe ich an diesem Tag mein Notizheft vergessen- ansonsten hätte ich mir total gerne Notizen gemacht...
Nach dieser Kurzvorstellung widme ich mich wieder meinem eigenen Thema. Als ich in mein Postfach schaue, sehe ich, dass ich eine Antwort vom Verein habe. Der stellvertretende Vorsitzende des Vereins, Herr Wiechmann beantwortet meine gestellten Fragen und schreibt, dass ich ihn gerne anrufen kann, da er kurzfristig für ein Interview zur Verfügung stehen würde. Daraufhin rufe ich ihn an und wir vereinbaren, dass ich ein Telefoninterview mit ihm führe. Ich erinnere mich an den Raum, den ich bei der Besichtigung an meinem ersten Tag gesehen habe, in dem man Telefoninterviews professionell aufzeichnen kann und frage Herrn Ehrecke, ob ich diesen Raum nutzen kann. Er ist sich selbst nicht ganz sicher, da der Raum zu LOHRO gehört, weswegen wir zusammen Fragen gehen. 
Man sagt und, dass momentan jemand in der Kabine aufnimmt und dass diese Person mir helfen kann, was die Benutzung der Technik betrifft. Stimmt ja, damit sollte ich mich nach Möglichkeit auch auskennen... Kurz nachdem wir den Raum betreten haben, kommt eine junge Frau aus der Kabine und ich schildere ihr mein Anliegen. Während Herr Ehrecke uns verlässt, erklärt sie mir, wie man ein Telefoninterview führt. Dann bin ich bereit und wähle Herrn Wiechmanns Nummer. Nach ein paar Sekunden geht er ans Telefon und wir beginnen das Interview. Ich stelle ihm die Fragen, die ich auch schon Herrn Writschan gestellt habe, dementsprechend ähneln sich die Antworten. Trotzdem erfahre ich noch mal mehr über viele Pläne, Gründe und die Geschichte.
Herr Wiechmann erzählt mir, dass momentan Studierende aus Wismar dabei sind, Pläne für das Schiff als Denkmal zu entwerfen. Diese Pläne sollen Ende März besprochen werden und für den Fall, dass die Stadt mit ihnen einverstanden ist, geht man in eine sogenannte "Bauphase" über, in der man sich mit dem Bauamt abstimmt und dich um die Finanzierung kümmert. 
Was die Finanzierung betrifft, so erklärt Herr Wiechmann mir die Pläne ähnlich, wie Herr Writschan, weswegen ich in der Hinsicht keine weiteren Fragen habe.
 Was mir neu ist, sind die Gründe, die gegen das Bauen eines Replikats sprechen. Herr Wiechmann erklärt mir, dass die Undine als Denkmal andere Steuerbegünstigungen bekommt, die ein Replikat natürlich nicht hätte. Von daher findet er (im Gegensatz zu Herrn Writschan) einen Wiederaufbau sinnvoller, da das Schiff dann wiederum Fördermittel bekommen würde. Zudem soll es wohl auch technisch möglich sein, was der aktuelle Wiederaufbau eines ähnlich alten Schiffes beweist.
Schließlich komme ich zu meiner wohl interessantesten Frage: Wieso sollte man die Undine überhaupt erhalten? Als Antwort bekomme ich eine tiefgründige, umfassende und in irgendeiner Art und Weise auch philosophische Antwort.
Er stellt mir zuerst die Gegenfrage, wie man denn generell mit Denkmälern umgehen sollte. Dann erklärt er mir, dass Denkmäler auch Zeitzeugnisse sind, die den Menschen auch als Versinnbildlichung dienen können und die Fragen wie "Woher kommen wir? Wohin gehen wir?" aufwerfen.
Ich habe, während er mir das erzählt das Gefühl, als würde ich die Antwort eigentlich kennen, als würde sie die ganze Zeit in meinem Kopf schlummern, doch erst durch Herrn Wiechmanns Worte werde ich mir ihnen bewusst.
Was Herr Wiechmann mir erzählt, lässt sich keinesfalls nur auf die Undine beziehen und ist deswegen so tiefgründig. Woher komme ICH? Wohin gehe ICH? Sind das nicht auch Fragen, die man sich als einzelne Person in seinem Leben immer wieder stellen sollte? Ich bin mir dessen bewusst, dass man weder zu sehr in der Vergangenheit, noch zu sehr in der Zukunft leben sollte und doch sind die Fragen in meinen Augen sehr wichtig, weil deren Beantwortung, in meinen Augen, die Gegenwart beeinflusst.
Neben diesen äußerst tiefsinnigen Argumenten ergänzt er, dass eine Verbindung von Rostock zu diesem Schiff vorhanden ist, da es in hier gebaut wurde. Die Undine ist auch nicht irgendein Schiff. Neben dem besonderen Nietverfahren kommt hinzu, dass sie ein Fahrgastschiff war, welches berechtigt war, auch aufs offene Meer hinauszufahren. Heutzutage dürfen Fahrgastschiffe in Rostock nur noch auf der Warnow fahren.
Als letztes Argument führt Herr Wiechmann auf, dass man in Rostock in den letzten 20 Jahren weniger gut mit den maritimen Gütern umgegangen ist. Viel ist verloren gegangen und nun hat man bei der Undine die Chance, ein maritimes Denkmal relativ kostengünstig zu erhalten.
Zuletzt möchte ich noch wissen, wer sich später um die Undine kümmern wird. Mein Interviewpartner erklärt mir, dass man sich darüber keine Sorgen machen braucht, da man nur ca. alle fünf Jahre die Farbe oder den Rostschutz erneuern müsste, was nur geringe Kosten hervorruft und worum sich der Verein kümmert, der auch weiterhin die Verantwortung für die Undine hat.
Wir plaudern noch ein bisschen und beenden dann das Gespräch. Ich bin erleichtert, erschöpft und gleichzeitig rattert mein Kopf und versucht, die vielen Informationen zu verarbeiten. Da ich mich selbst kenne und weiß, dass die Verarbeitung der Informationen bei mir von alleine stattfindet und es nur ein wenig Zeit bedarf, widme ich mich meinem Blog und schreibe an einem Eintrag weiter.



Nach einer Weile merke ich, dass ich nicht wie gestern in den Schreibfluss hinein komme und mache erstmal eine Pause. Ich fühle mich ein wenig hilflos: einerseits habe ich Fragen, wie es weitergehen soll, was ich machen soll, andererseits weiß ich nicht, wie ich meine Fragen formulieren soll und wie mir jemand dabei helfen könnte.
Nach der Pause schreibe ich deswegen auch nur kurz an meinem Blog weiter und transkriptiere dann mein erstes Interview, um Zusammenhänge zwischen den beiden Interviews besser erkennen zu können und um im Allgemeinen das Interview besser reflektieren zu können.
Die Transkription geht gut voran, da ich mir nicht selbst etwas ausdenken muss, sondern einfach nur das Gesagte abtippe. Dabei hilft mir die Internetseite otranscribe.com, die Herr Ehrecke mir gestern empfohlen hat. Trotzdem sollte man eine Transkription auch nicht unterschätzen: in meinem Fall hat mein Gesprächspartner öfter mal genuschelt und es war schwer zu erkennen, wo seine Sätze enden. Außerdem ist es von Vorteil, sich einen ruhigen Ort dafür zu suchen - nach der Pause waren plötzlich noch mehr Studierende (oder machen die ihre Ausbildung??) im Raum.
Dennoch ziehe ich mein Vorhaben durch und bin, kurz nachdem alle gegangen sind, fertig mit meiner Transkription.
Wie war ihr Tag, fragt mich ein Reporter in meinem Kopf. Anstrengend, antworte ich. Anstrengend, aber auch schön!

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